© Bürgerverein Wandsbek von 1848 e. V.
Die Geschichte Wandsbeks
Wandsbek verlor 1937 - wie auch die
Städte Altona und Harburg - seine
kommunale Selbstständigkeit.
Damals hatte die Stadt 48.000 Einwohner.
Die Nationalsozialisten schafften mit einer
gesetzgeberischen Maßnahme diesen
Kraftakt, der durch Verhandlungen in den
Jahren davor nicht ermöglicht werden
konnte und schufen mit dem Groß-
Hamburg-Gesetz die heutige Struktur der
Hansestadt Hamburg. Das ungestüme
Wachstum der Kommunen und der
technische Fortschritt waren die
eigentlichen Gründe, die die Beseitigung
der Grenzen erzwangen und damit eine
sinnvolle Weiterentwicklung dieses
städtischen Siedlungsraumes in
Norddeutschland umsetzten.
Wandsbek, erstmals 1296 urkundlich erwähnt, hatte sich im Laufe der Jahrhunderte von
einer dörflichen Ansiedlung zu einem Lehngut und einem adligen Gut mit herrschaftlichem
Sitz, über einen Fabrikort zu einer kreisfreien Stadt mit 28.000 Einwohnern (1901)
entwickelt. Schleswig-Holstein zugehörig stand es lange unter dänischer und ab 1866 unter
preußischer Verwaltung.
Der Bezirk Wandsbek
Der Bezirk Wandsbek, im Nordosten
Hamburgs gelegen, ist mit über 400.000
Einwohnern heute der Einwohner
stärkste der sieben Bezirke der
Metropole. Als selbstständige Kommune
wäre Wandsbek jetzt die 16. größte Stadt
Deutschlands. Der Name der ehemaligen
Stadt wird mehrfach verwendet, nämlich
als Name für den Bezirk, für das
Kerngebiet mit fünf Stadtteilen sowie für
den das Zentrum bildenden Stadtteil.
Selbst nach über sechzig Jahren ist die
Integration in den
Stadtstaat Hamburg durch die Ur-Hamburger mental noch nicht abgeschlossen. Allerdings
wurde in dieser Richtung 1998 vom Senat der Hansestadt ein bedeutender Schritt getan,
als das "Staatsarchiv Hamburg" als erste Behörde aus der Hamburger Innenstadt an den
Wandsbeker Markt verlagert wurde. Postalisch ist der Name Wandsbek endgültig gelöscht:
Aus Wandsbek wurde erst Hamburg-Wandsbek, später Hamburg 70, inzwischen haben
nicht merkbare Postleitzahlen die Zuordnungsgrenzen verwischt. Das zuständige
Briefzentrum 20 hat seinen Standort in Mecklenburg.
Das Gebiet der ehemaligen Stadt Wandsbek, umfasst heute die Stadtteile Wandsbek mit
Hinschenfelde, Marienthal, Jenfeld und Tonndorf. Bis zur Eingemeindung nach Hamburg
herrschte wegen der unmittelbaren Nähe zur Hansestadt einerseits stets ein reger
Austausch zwischen beiden Städten, andererseits auf manchen Gebieten Rivalität.
Bedeutend war von altersher die durch Wandsbek führende Straßenverbindung zwischen
den Hansestädten Hamburg und Lübeck. Diese Magistrale mit ihrem regen Handelsverkehr
war die Ursache, dass Wandsbek über Jahrzehnte von einer Zollgrenze durchschnitten war,
weil Dänemark sich gegen den Handelsverkehr der Hamburger abgrenzen bzw. davon
profitieren wollte. Damit genoss ein großer Teil Wandsbeks die Vorzüge des Zollfreiraums
Hamburg. Diese stark befahrene Trasse gibt es noch heute als Bundesstraße 75.
Ein Anziehungspunkt für Erholung suchende Großstädter
Wandsbek war in der zurückliegenden Zeit durch seine Grünanlagen und
Unterhaltungsangebote ein Anziehungspunkt für Erholung suchende Großstädter. Der
Dichter Matthias Claudius (1740-1815), der hier lebte und wirkte, warb aus Überzeugung
für seinen Heimatort und machte ihn durch die von ihm redigierte Zeitung "Der Wandsbeker
Bothe" in der deutschen Geisteswelt bekannt. Der ab 1861 für anspruchsvolle Einzelhaus-
bebauung parzellierte Wandsbeker Schlosspark entwickelte sich zum Stadtteil Marienthal
und zog viele vermögende, Ruhe suchende Hamburger nach Wandsbek.
Lange Zeit war Wandsbek von damals unbekannter Toleranz geprägt. Schon um das Jahr
1600 wurden Juden als Mitbürger geduldet. Sie trugen zur Entwicklung des Gemeinlebens
bei. Ähnliches galt für die Mennoniten. Protestanten konnten ab dem 16. Jahrhundert
Gottesdienste in einem Raum des Wandsbeker Schlosses abhalten. Eine Kirche errichteten
sie 1634. Auch die Gerichtsbarkeit agierte großzügig. In Wandsbek war mancherlei erlaubt,
was anderswo vor keinem Gesetz Gültigkeit hatte. Beispielsweise fanden Bankrotteure und
Schuldner hier eine Freistätte, die vor Verfolgung schützte, oder junge Paare wurden ohne
Zustimmung der Eltern getraut. "Wat narms gelt, dat gelt to Wandsbek" hieß ein kritischer
Spruch in umliegenden Ländern. Die Redensart: "Ach, geh doch nach Wandsbek!", ist noch
heute in Dänemark geläufig.
Florierende Wirtschaft
Auf der anderen Seite betrieben die Wandsbeker Gutsverwalter, insbesondere Heinrich
Carl Graf von Schimmelmann, eine kluge Wirtschaftspolitik. Das Wasser der Wandse
wurde durch zahlreiche Mühlen zur Energiegewinnung genutzt, ebenso diente es
Wäschereien und Bleicherein, um Kattune (Baumwollstoffe) zu säubern und auf den
flussnahen Wiesen zu bleichen. Durch geschickte Maßnahmen wurden Gewerbe- und
Industriebetriebe angesiedelt, die die Bevölkerung in Lohn und Brot setzten. In manchen
Branchen erlangten Wandsbeker Unternehmen landesweit und auch weltweit Geltung, wie
zum Beispiel die Kattundruckerei Lengercke, die Lederfabrik Luetkens, die Gärtnerei
Neubert, das Reichardt-Schokoladenwerk oder die Deutschen Hefewerke, um nur einige zu
nennen. Der Handel profitierte von der unmittelbaren Nähe des Welthafens Hamburg. Es
sei noch erwähnt, dass Ziegeleien bis ins 20. Jahrhundert hinein einen bedeutenden
Wirtschaftszweig darstellten.
Nicht die Wandse hat der Ortschaft den Namen gegeben. Vielmehr übertrug man den
Namen auf den Fluss, der in alter Zeit Bek oder Mühlenbek genannt wurde. Nachgewiesen
werden konnte, dass der Name Wandse 1821 Verwendung fand. Über die Bedeutung und
Herkunft des Namens Wandsbek gibt es keine eindeutige Meinung. Es könnte die
Übertragung des Eigennamens des früheren Bewohners Wanto auf den Ort sein oder auch
mit Grenzort (Wande, Grenze) erklärt werden. Der Wandse-Flusslauf, der jetzt erheblich
weniger Wasser führt und nicht mehr zur Kraftgewinnung genutzt werden kann, begleitet
nun Erholung suchende viele Kilometer weit durch einen Grünzug, zu dem auch der
Eichtalpark gehört. Wandsbek hat einen großen Anteil an der Prägung der heutigen Gestalt
Hamburgs, besonders wenn die Metropole als eine “grüne” Stadt gelobt wird. Nur wenige
Straßen sind nicht durch Bäume gesäumt, alte Ziegeleigruben sind zu Biotopen
umgewandelt worden, zunehmend werden Flussläufe renaturiert. In ganz Hamburg wurde
zum Schutze der Bäume ein strenges Gesetz erlassen.
Das Wappen
Das Wandsbeker Wappen wurde 1877 entwickelt, nachdem die
Kommune 1870 die Einwohnerzahl von 10.000 überschritten hatte und
zur Stadt erhoben worden war. Zu Ehren des Dichters Matthias
Claudius, des "Wandsbecker Boten"trägt es dessen Embleme Hut,
Stock und Botentasche (weiß auf blauem Grund mit goldener Halskrone)
und als Verbundenheit zum Kreis Stormarn in einem kleinen Schild
dessen Wappentier, den Schwan (weiß auf rotem Grund mit goldener
Halskrone).
Aufbau des Archivs
Leider stehen aus alter Zeit für
Forschungen keine umfassenden
Archive zur Verfügung. Das städtische
Wandsbeker Heimatmuseum fiel dem
Bombenterror des 2. Weltkrieges zum
Opfer. Mühselig und zeitaufwändig war
der Neuaufbau einer historischen
Sammlung, die Wandsbeks Geschichte
in Berichten, Abbildungen und anderen
Dokumenten wiedergibt.
Da die kommunale Verwaltung sich dieser Arbeit enthielt, übernahm der Wandsbeker
Bürgerverein von 1848 e.V. diese Arbeit und kann heute stolz auf sein 1979 gegründetes
Archiv und Heimatmuseum sein, das seit Anbeginn von ehrenamtlichen Kräften geführt
wird. Darüber hinaus haben einige Mitbürger aus privater Verantwortung und
geschichtlichem Interesse bedeutendes Material zusammengetragen, das naturgemäß der
Öffentlichkeit kaum zur Verfügung steht.
Helmuth Fricke